Die Yoldiabukta ist eine Bucht auf der Isfjord-Nordseite.
Die Geographie ist in diesem Teil des Isfjords etwas verschachtelt: Der Nordfjord ist ein Nebenarm des Isfjords, auf der Nordseite gelegen und in sich mehrfach verzweigt. Auf der Westseite gehört die Yoldiabukta dazu, zwischen der Bohemanflya im Süden und dem Mediumfjellet im Norden. In der Yoldiabukta erreicht der Wahlenbergbreen das Ufer.
Der Wahlenbergbreen in der Yoldiabukta, mit dem Mediumfjellet im Hintergrund.
Nördlich der Yoldiabukta schließt sich eine weitere, eher kleinere Bucht an, zwischen dem Mediumfjellet und der Verebnung Sveasletta. Auch in dieser Bucht gibt es einen Gletscher, den Sveabreen. Die Bucht selbst hat allerdings keinen Namen, was wahrscheinlich daran liegt, dass sie erst in recht junger Vergangenheit durch den Rückzug des Sveabreen entstanden ist.
Der Sveabreen bei stimmungsvollem Licht im September.
Genau genommen gehören noch der Ekmanfjord und der Dicksonfjord, beide weiter nördlich gelegen, zum Nordfjord dazu. Die klammern wir hier auf dieser Seite aus, sonst wird es zu unübersichtlich. Hier geht es also um die Yoldiabukta und ihre nördliche, nicht benannte Nachbarbucht. Man könnte sie die „Nordre Yoldiabukta (Nördliche Yoldiabucht) nennen.
Blick vom Muslingodden über die „Nördliche Yoldiabucht“ auf den Sveabreen.
Kompliziert … lange Rede, kurzer Sinn: Hier schauen wir uns die Yoldiabukta und ihre nördliche Nachbarbucht mit dem Sveabreen an, alles andere (Ekmanfjord, Dicksonfjord) hat woanders seinen Platz.
Und da „Yoldiabukta und ihre nördliche Nachbarbucht mit dem Sveabreen“ lang und umständlich ist, nenne ich beide zusammen hier einfach die „Yoldiabuchten“ 🙂 warum nicht, das macht die Sache hier etwas einfacher.
Ach, übrigens: die Yoldiabukta hat ihren Namen von der Muschel Yoldia arctica, die heute offiziell Portlandica arctica heißt. Nach dieser Muschel wurde auch ein nacheiszeitlicher Vorläufer der Ostsee benannt: das brackige Yoldia-Meer, das vor 8000 Jahren existierte und in dem diese Muschel häufig war.
Blick vom Muslingodden über die „Südliche Yoldiabucht“ auf den Wahlenbergbreen.
Geologie
Die Geologie ist einer der Bereiche, in denen die Yoldiabuchten glänzen können. Es ist einmal der Umstand, dass hier Sedimentgesteine aus dem ausgehenden Erdaltertum und dem beginnenden Erdmittelalter zu finden sind, denn dieser Übergang zwischen großen Zeitaltern der Evolution (darum geht es bei diesen Zeitaltern mehr als um die eigentliche Erdgeschichte) ist spannend. Immerhin war dieser Übergang eines der größten globalen Massenaussterbeereignisse überhaupt, wahrscheinlich infolge unvorstellbar großer Vulkanausbrüche, bei denen Millionen von Quadratkilometern Landfläche mit flüssiger Lava überflutet wurden. Das geschah allerdings nicht in Spitzbergen, sondern in anderen Erdteilen. Mit dieser globalen Katastrophe ging also das Altertum der Geschichte des Lebens zu Ende und das Mittelalter der Geschichte des Lebens begann: Es kamen die Dinosaurier.
Der letzte Abschnitt des ausgehenden Erdaltertums (Paläozoikums) war das Perm, danach folgte als Beginn des Mesozoikums die Trias. Bei diesem großen Aussterben handelt es sich also um die Perm-Trias-Grenze. Wenn man im Gelände eine Stelle hat, in der die Gesteine diesen damaligen Weltuntergang (genau das war es aus der Sicht vieler Arten) dokumentieren, läuft geologisch interessierten Menschen schon mal ein Schauer den Rücken herunter! Und genau das kann man in den Yoldiabuchten haben, vor allem im Norden, im Lappdalen westlich der Sveasletta. Die Hügel- und Bergkette westlich des Tals besteht aus den älteren Kalksteinen des Perm (Kapp Starostin Formation, kennt man beispielsweise aus dem Tempelfjord, von der Akseløya im Bellsund, Ahlstrandhalvøya im Van Keulenfjord und so weiter). Das Tal Lappdalen selbst erstreckt sich im Bereich der etwas jüngeren Trias. Hier liegen sicher irgendwo ein paar Saurierknochen im Untergrund! Aus genau diesen Schichten hat man andernorts im Isfjord Knochen von marinen Dinos geborgen, von Plesiosauriern und Pliosauriern. Die kann man heute in den Museen in Longyearbyen, Tromsø und Oslo bewundern. Und wenn man keinen Dinosaurier findet, hat man zumindest Chancen auf einen Ammoniten oder einen Muschelabdruck.
Was man in diesen Bergen alles finden könnte: Korallen, Brachiopoden, Abdrücke von Ammoniten und Muscheln, und sogar Dinosaurierknochen! Aber man müsste sich schon Zeit nehmen, um ihren Geheimnissen auf die Spur zu kommen.
Der Vollständigkeit halber muss allerdings erwähnt werden, dass in Spitzbergen das obere Perm fehlt. Diese Schichten wurden vielleicht nie abgelagert oder sie wurden später wieder abgetragen. Wie ein Buch, aus dem jemand ein paar Seiten herausgerissen hat. Das ist schlecht, denn dann fehlt ein Teil der Geschichte. Damit muss man leben. Daher arbeiten Geologen auch global: Den fehlenden Teil der Geschichte suchen sie sich eben anderswo, irgendwo wird man letztlich immer fündig.
Was geologisch weniger vorbelasteten Menschen wahrscheinlich viel mehr ins Auge springt, sind die fantastischen Strukturen: Spitzbergen wurde von Westen etwas gedrückt und geknautscht, als Grönland begann, sich zu lösen. Beide Inseln bildeten vorher eine große Landmasse. Besser formuliert: Nordamerika und Nordeuropa bildeten zusammen einen riesigen Nordkontinent. Den Nordatlantik gab es damals noch nicht. Als der sich bildete, wurden die Küsten des entstehenden Ozeans auf beiden Seiten zunächst gestaucht und gefaltet. Dabei bildeten sich die schönen Faltenmuster an Spitzbergens Westküste, die hier bis in den Bereich der Yoldiabuchten reichen. Weiter östlich verlaufen sich die Deformationen, schon im Ekmanfjord sieht das alles viel ruhiger aus, mit viel weniger Kurven und viel weniger Brüchen in den Hängen.
Geologische Strukturen auf der Ostseite des Mediumfjellet am Sveabreen.
Vor allem das Mediumfjellet zwischen Wahlenberg- und Sveabreen ist durch seine wild-schönen Faltenstrukturen unter Geologen in der Region ziemlich bekannt, aber die anderen Berge, vor allem auf der Westseite des Wahlenbergbreen, stehen dem nicht nach.
Eigentlich dachte ich, dieser Abschnitt wird ein kurzer Dreizeiler 😄 das hat nicht geklappt. Macht nichts.
Landschaft
Schroffe Berge mit wilden geologischen Strukturen, zwei recht aktive Gletscher, moränengesäumte Ufer, weitläufige Flachländer in den äußeren Bereichen der Ufer (Bohemanflya im Süden, Sveasletta im Norden). Das ist die Kurzfassung.
Moränenlandschaft am Ufer der Sveasletta mit Blick zum Sveabreen.
Die Gletscher sind seit der „Kleinen Eiszeit“ im 18. Jahrhundert um etliche Kilometer zurückgegangen. Davon zeugen die großen Moränenlandschaften an den Ufern auf allen Seiten um die Yoldiabuchten. In der jungen Vergangenheit sind aber sowohl der Wahlenbergbreen als auch der Sveabreen zeitweise wieder vorgestoßen.
Gletscherrand des vorstoßenden Wahlenbergbreen (2017).
Dieses Verhalten nennt man „Surge“, mehr dazu steht beispielsweise auf der Seite zur Borebukta, denn der Borebreen hat 2023-2024 das gleiche Verhalten gezeigt.
Uferlandschaft am Stavneset.
Diese Kombination aus wilden Bergen und aktiven Gletschern, die zeitweise viel Gletschereis auf dem Wasser treiben lassen, macht einen großen Teil des landschaftlichen Charmes der Yoldiabuchten aus.
Uferlandschaft am Sveabreen.
Und wenn man sich noch das weite Flachland der Bohemanflya im Süden oder das etwas kleinere Flachland der Sveasletta einschließlich des benachbarten Lappdalen auf der Karte anschaut, dann bekommt man doch direkt Wanderlust!
Aber meist sind es die Gletscher mit ihren oft aktiven Abbruchkanten und den in der Bucht treibenden Gletschereisstücken, die zuerst ins Auge fallen und die Aufmerksamkeit und die Objektive auf sich ziehen.
Treibendes Gletschereis am Sveabreen.
Flora und Fauna
In den Yoldiabuchten selbst ist diesbezüglich eher wenig los. Natürlich kann auf dem Eis immer mal eine Bartrobbe, eine Ringelrobbe oder ein Walross liegen oder auch zwei. Manchmal zieht eine Herde Weißwale (Belugas) durch die Bucht, gelegentlich wandert ein Eisbär am Ufer entlang.
Eisbär in der nördlichen Yoldiabukta.
Aber eher ortsfeste faunistische Höhepunkte wie große Vogelfelsen gibt es nicht, und auch die Vegetation ist in den jungen Moränen entlang der Ufer eher spärlich.
Roter Steinbrech am Wahlenbergbreen.
Das ist in den schon lange eisfreien Gebieten der Bohemanflya, der Sveasletta und des Lappdalen natürlich anders: Hier findet man weite Tundraflächen mit dichter Vegetation, die im Sommer zeitweise zu einem bunten Blumenteppich wird und natürlich ziehen dort Rentiere und andere typische Tiere der Tundra durch das Land.
Geschichte
Diesen Abstand können wir nun wirklich kurz halten: Hier war nicht viel los. Auf der Nordseite der Bohemanflya und auf der Nordseite des Muslingodden (das ist die Landspitze östlich des Mediumfjellet) gibt es jeweils eine kleine Trapperhütte, die Harald Solheim in den 1970er Jahren gebaut hat. Und das war es hier in der Gegend auch schon.
Einige Eindrücke von der schönen Landschaft: Berge, Gletscher, Eis. Die ersten sechs Bilder sind von 2006. Damals sah der Wahlenbergbreen noch deutlich anders aus als während seines Vorstoßes um 2017 und danach. Daher sind diese alten Bilder dabei, auch wenn man ihnen ansieht, dass die Digitalkameras sich technologisch noch nicht allzu sehr von Holzschnitt und Kupferstich weiter entwickelt hatten.
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